Freitag, 29. Januar 2010

Trash #10: Saw


















Nach den erfolgreichen und gerngelesenen 9 Vorgängern der Trashreihe hätte nach einer langen Pause wohl niemand mehr mit einer Wiederkehr der wohl beliebtesten Shit!-Kategorie gerechnet. In der Fachpresse längst als Mythos abgetan, nannte man den 10.Teil der von Videospielherstellern am meist gefürchteten Review-Serie nur noch in einer Reihe mit Worten wie "Detox" oder "Duke Nukem Forever".
Große Schritte gehen sich aber nicht von alleine. Und da mein Junge Dre gesagt hat "Make tha' first step, son" kann man das plötzliche Wiederauftauchen nur als logisch erklären. Einer muss es schliesslich tun. Jawohl. Deshalb wird heute das zu Ende gebracht, was längst überfällig war.

Aufmerksame Verfolger des Blogs erinnern sich noch an den historischen Urknall, welcher diese Sparte überhaupt wachsen und gedeihen ließ: Dennis. Dennis, bekannt unter dem Gamertag "Schwelles" führte im Frühjahr 2009 mit erheblichen Vorsprung die Liste der Gamerscorepunkte innerhalb meiner XBox Live Freunde an. Da ich sowas nie auf mir sitzen lassen kann, zocken neben sitzen und aufrecht stehen eins meiner wenigen Talente ist, war sehr schnell klar, dass das Punktekonto wachsen muss und das leider nicht nur mit Topspielen zu erreichen sein wird, sofern man schnell an das erwünschte Ziel kommen
möchte. Ebay wurde geplündert, England leer bestellt, der Rest ist Geschichte.
Ein gutes 3/4 Jahr später ist das Punktekonto prall gefüllt und knapp vervierfacht, Dennis ist auf der Strecke geblieben, ich habe haushoch gesiegt - Ziel erreicht. Nebenbei wurden die stellenweise überraschend-schönen und leider auch grausigen Momente dieser Zeit psychologisch in diesem Blog verarbeitet - ich hab mir den Seelendoktor gespart, ihr hattet was zu lachen. Ein perfekter Deal eben. Man könnte meinen, die Sache ist perfekt gelaufen und ich bin fein raus. Könnte man wirklich.

Heroin oder Crack haben ja die Eigenschaft, Menschen bis zum Äussersten zu treiben. Das versteht der Konsument nur bedingt, Aussenstehende noch weniger... aber irgendwie will man halt mehr. Sexsüchtige besuchen Swingerclubs, Bordelle und einschlägige Parties, Christen und Moslems geben sich voll gerne High Five für Sachen, die sie nicht einmal sehen können - alles ein bisschen verrückt eben.
Das Gamerscoresammeln reiht sich nicht unähnlich in dieser Liste ein. Ein Ziel, wie wir bereits 2 Beiträge vorher ermittelt haben, gibt es nicht. Es dient zur Befriedigung von... irgendwas. Wir verplempern unser Leben für ein Punktesystem, welches uns niemals in unserem ganzen Leben auch nur einen einzigen Gefallen oder Lohn zurückgeben wird. Wir wollen nur alle lange Pimmel. Wenn schon nicht im echten Leben, dann wenigstens hier. So wurde aus einem Spaßkampf gegen Dennis eine brennende Sucht, die tiefer in mir zu lodern scheint, als ich mir das jemals erhofft habe.

Aus diesen nicht-nachvollziehbaren Gründen hat es irgendwie auch das Spiel zu "Saw" in mein Laufwerk geschafft. Die "Saw"-Filmreihe kennt ihr sicherlich: Das sind die Filme, von denen es viel zu viele gibt und die seit dem 2. Teil keiner mehr mag. Warum überhaupt immer noch Saw-Teile gemacht werden, weiß niemand. Hätte man Teil 1 so stehen gelassen, wäre er legendär geworden. Mit 5 Nachfolgern, die kontinuierlich darauf ausgelegt waren, schlechter und dazu immer unverständlicher zu werden, haben sich sich die Schöpfer der Säge allerdings keine Freunde gemacht. Die ausgefallene Idee ist verpufft, der kaltblütige Jigsaw zur Witzfigur mutiert, aus Horror wurde billiger Trashsplatter - Trauer. Aber wer einen Fick darauf gibt, das sein wertvolles Produkt wertmässig regelrecht vermüllt, der schreckt auch nicht vor einer Videospielumsetzung zurück - ein paar Idioten kaufen es ja immer, siehe: Ich.

Auch "Säge" passt sich dem neu-modischen Trend an, nicht einfach nur eine altbekannte Geschichte zu erzählen, sondern das "Saw-Universum" um seine eigene Storyline zu erweitern. Sowie mein Freund "Hüpfer". Schade nur, dass keiner mehr so richtig versteht bzw verstehen will, was in "Saw" eigentlich noch so passiert. 10.000 Wendungen, Verstricktheiten und die ständige Frage "Lebt der Jigsaw jetzt noch oder is der doch schon tot?" haben dieser dennoch oberflächlichen Filmreihe zu einem Labyrinth der eigenen Hirnwindungen gemacht. Und so möchte ich auch gleich an diesem Punkt der Review bezüglich Story kapitulieren und einfach sagen: In "Saw - The Videogame" geht es um: irgendwas.

Irgendwas startet mit einer Falle im Gesicht des Hauptprotagonisten. Der ist im Übrigen schwarz, aber aufgrund der dunklen Spielumgebung so hochskaliert, dass er fast schon wieder weiß ist. Beeindruckend. Die Falle muss gelöst werden. Das löst ihr auf pfiffige Art und Weise mit der Allseits beliebten, in den letzten Jahren viel zu oft benutzten, Quick-Time-Rumtriggerei. Das macht keinen wirklichen Spaß, bereichert allerdings euer Punktekonto innerhalb der ersten Spielminute um 40 GS Punkte. Supertoll! Das sorgt für den nötigen Motivationsschub. Im selben Raum wollen gleich mehrere Rätsel gelöst werden. So fischt ihr einen Schlüssel aus einer mit Junkie-Spritzen gefüllten Toilette und findet die Kombination für das Zahlenschloss durch das Entschlüsseln von Hyroglyphen an den Toilettentüren. Alles, was die Opfer der berühmten Saw-Sexologie (heisst das so?) auch durchmachen. Plump, aber irgendwie auch ok. Das selber machen ist mal was anderes. Sollte sich aber vielleicht nicht so oft wiederholen.

Ihr verlasst den Raum und bahnt euch euern Weg durch die ersten düsteren Katakomben von... irgendwas. Denn wie auch die Story ist auch die Kulisse in keinerweise nachvollziehbar. Das ist einfach... dunkel. Am Anfang glaubt ihr, in einem Krankenhaus zu sein... später gibt es dann aber auf einmal noch eine Bücherei, Verhörräume, ein Krematorium, Gummizellen, Waffenkammern und nen Kindergarten. ALLES in einem Haus. Keine Ahnung, wer das gebaut hat. Ist wahrscheinlich eins von diesen neumodischen Einkaufscentern, auf die alle so abfahren.

Unterwegs trefft ihr dann die ersten schlechtgelaunten Dudes, die allesamt vom Jigsaw eine schöne Falle ins Gesicht gebaut bekommen haben. Die können aber kein QuickTime und sollen euch deshalb töten. Klingt logisch. Gottseidank hat unser Supercop da keine Lust drauf und so muss man sich wie schon in "Condemned" mit allerhand rumliegenden zur Wehr setzen. Das Repartoir reicht daher vom Baseballschläger bis zum Puppenbein. Auch eine Schusswaffe darf kurzzeitig bedient werden. Das Kampfsystem ist dabei allerdings nicht so reaktionsschnell wie erwünscht. So drückt ihr "Schlagen" und landet dank langer Anlaufzeit gute 5 Sekunden erst den gewünschten Treffer. Eignetlich eine gute Zeitspanne für den Gegenspieler, euch totzuschlagen und in einen Fluchtwagen zu kaufen. Die sind aber mit dem gleichen IQ ausgestattet wie Sexy Cora und daher braucht ihr euch auch keine Gedanken machen, ob der Treffer danebengeht... in der Regel könnt ihr gemütlich euern Gegner zu Brei schlagen, während der sich schreiend in eurer Polygonschulter verfängt und wütend rumschimpft. Ist der Treffer besonders hart, könnt ihr nochmal am Boden nachtreten und unter dem Grundsatz "Fuß trifft Gesicht" große rote Pfützen erzeugen. Das ist zwar brutal, macht aber irgendwie keinen Spaß. Vorallem nicht nach dem 10.Mal.

Neben Gegner kaputtbretzeln und sinnlosem Schlüsselgesuche, erweitert sich das Aufgabenfeld von "Saw" mit kleinen Balanciereinlagen und Minirätseln, in denen ihr Schaltkreise zusammenführen und Rohre verbinden müsst. Alles nicht sonderlich anspruchsvoll, aber ok. Allerdings beschränkt sich dieses "Ok" auch nur auf die maximal ersten zwei Stunden des Spiels. Danach verliert sich das Spiel in einer Art Repeatmodus, was euch eindeutig vermitteln soll: "Naja, also bei unseren Filmen geben wir uns ja auch schon lang keine Mühe mehr... was haste denn erwartet, du Pfeife?" Wo sie recht haben... Der Wunsch "Sollte sich aber vielleicht nicht so oft wiederholen" von Beginn erlischt nach der 20. Schlüsselsuche in einer Junkiespritzentoilette und führt zu einem ernüchternden "ok, eigentlich sollte mir das klar gewesen sein".

Abschluss der einzelnen Level bietet immer eine Art Superrätsel, bei dem Supercop alte Erzfeinde aus den berühmten Jigsawsuperfallen befreien muss. Selbst hier wiederholen sich die Schemen der Rätsel aber irgendwann nur noch mit denen Minirätseln des Spiels und sind halt nur ein bisschen größer. Das hierbei Hommagen an alte Saw-Filme stattfinden ist schön, aber egal. Die Filme sind mir schliesslich auch egal. So bleibt euch höchstens der Spaß am fliessenden Blut bei Nicht-Schaffen der Aufgaben. So kommt ihr aber nicht weiter. Daher: Bringt es hinter euch.

Ist ein Gegner befreit, kommt ihr in das nächste Stage. Wo das gleiche Dilemma weitergeht. Verbindet die Schaltkreise, schlagt arme Gegner tot, hört euch belanglose Schicksalsgeschichten der Protagonisten an, trefft den Freund in der Schweinemaske. Atmosphäre kommt dabei nur selten auf und es bildet sich mehr oder weniger eine innere Unruhe, wie lang das denn jetzt noch alles gehen soll. Erschrecken tut man sich nur dann, wenn man sich mal in einer Jigsaw-Selbstschussfalle verläuft, die man aufgrund der schwammigen Grafik und der ständigen Dunkelheit einfach nicht sehen konnte. Aber ey, es gibt 20GS alleine nur dafür, dass ihr mal sterbt. Geht es also gemütlich an.

Ist das Spiel nach knapp 8 Stunden durch, fragt man sich, was das eigentlich gerade war. Die Antwort gibt man sich kurz danach selber: Konami hat in der eigenen Stube schön artig bei Silent Hill stibitzt, allerdings die großartigen Elemente dabei weggelassen. Saw verliert sich in einer unendlichen Programmiererlethargie. Hätte man sich Mühe gegeben: Es wäre was geworden. Aber welche Motivation soll man haben, wenn man jedes Jahr einen immer-schlechteren Teil einer Filmreihe released, Millionen ins Kino stürmen und anscheinend keiner damit ein Problem hat? Es ärgert einen regelrecht, wie man hier Potential erkannt, aber nicht ausgiebig nutzen wollte... Dazu gesellt sich der traurige Fakt, das der einst so angsteinflössende Jigsaw, von der Filmszene nach Teil 1 als neuer Superbösewicht angesehen, inzwischen zum billigen, allesmordenden Flittchen mutiert ist. War die Selektion am Anfang noch ausgeklügelt und sehr gewählt, mordet inzwischen Jiggy alles weg, was nicht bei 3 auf dem Baum ist. Die seltsame Anlage (ich weiß echt noch immer nicht, wat dat jetzt sein sollte) ist voll mit 1000den von Leichen diverser Alters- und Geschlechtgruppen. Klar, die Fahrrad-fahrende Puppe mit den roten Stubspäckchen hat immer die passende Erklärung auf Lager - aber ey, nur weil sich Rudolph-Matthias mal die falsche Zahnbürste im Vogelsberger Landschulheim benutzt hat und Sebastian-Morten danach kurz Herpes hatte, ist das kein Grund ihm eine voll böse Zahnspange um die Birne zu schustern. Man könnte fast meinen, dieser Jigsaw sei verrückt geworden.

Dazu gesellen sich weitere Fragen, zum Beipsiel wie DUMM die amerikanischen Polizeibehörden sein müssen. Da ist einfach eine gigantische stillgelegte Anlage mit bergeweise Leichen drinnen und keiner kriegt wat mit? Das muss man doch riechen!
Und wie lange hatte der Jiggy denn Krebs? Ich mein, nach eigener Aussage konnte er seine ganzen Anschläge und Fallen doch nur in einem sehr kleinen Zeitfenster planen und bauen. Aha. Kannst mir doch nich erzählen, dat der die "umgekehrten Bärenfallen" und "12-sägigen Venusschnapper" nicht von Dritthändlern bezieht. Was hat denn der Postmann gedacht, als er jeden Tag riesige Packen voll mit Metall vor ein altes riesiges Irgendwas bringen musste. Das kann man ja auch nicht einfach so im Baumarkt kaufen... das geht ja gar nicht alles in einen Wagen. Wäre Jigsaw deutsch, hätte er wahrscheinlich nicht mal den bürokratischen Teil zur Anmietung seines Super-Hostel-Komplexes in seinen paar Wochen durchgekriegt und wär auf dem Anmeldeamt jämmerlich verreckt.
Und zu guter Letzt stellt sich die Frage, warum einer, der anscheinend soviele Fernsehgeräte kaufen musste a) nicht bei Media Markt auffällt und b) sich von der Kohle keinen besseren Arzt leisten konnte. "Mach ich Arzt klar und leb lieber korrektlange oder mach ich so krass-harten Rachefeldzug mit mega den Maschinen und Videos und Entführungen und so, wo ich ja eigentlich nicht mal mehr gerade gehen und atmen kann? Ach, warum nich ma was wagen."
Klar, logisches Denken macht in den meisten Fällen sowieso keinen Sinn, aber bei realistischer Betrachtung verstrickt sich das Saw-Universum in so vielen Widersprüchen, das beim purem Nachdenken der Kopf schon von ganz alleine platzt - auch ohne Sprenggürtel.

Was am Ende also bleibt, sind 1000GS auf dem Punktekonto, die durchgehend doch schon frech-einfach waren. "Mache 20 Türen auf", "Töte 5 Gegner", "Heile dich 20 Mal", "Sterbe einmal", "Schlage einen Gegner mit einer Lampe". Damit kann man Leben. Das Saw das Horrorspiele-Genre aber nicht bereichert, obwohl es das eigentlich problemlos gekonnt hätte... damit lässt sich schwerer Leben. Wenigstens hat man dieses Mal dennoch die spielerische Umsetzung einen Ticken besser gemacht als die Filmvorlage... leider kein großes Problem, wenn die Messlatte auf Knöchelhöhe liegt. Und den kann man ja bekanntermaßen sogar noch absägen.


SPIELSPASS UND PRÄSENTATION






GAMERSCORES, UM ALLEN IN DEN ARSCH ZU TRETEN






Fazit:
Der Bushidofilm ist auf jeden Fall schlechter.

Trailer:


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